Trunkenheitsfahrt - Vollkasko: Leistungsverweigerung bei grober Fahrlässigkeit

Im Fall einer Trunkenheitsfahrt, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, kann eine Schadenregulierung trotz bestehender Vollkaskoversicherung komplett verweigert werden. Denn, so das Gericht, wird ein Unfall grob fahrlässig verursacht, so kann von der Versicherung die Leistung auf Null gekürzt werden. Dies kommt auch bei einer absoluten Fahruntüchtigkeit in Betracht, beispielsweise nach Alkoholkonsum.

Nicht immer bekommen Autofahrer auch wirklich die Kosten für einen selbst verschuldeten Unfall von ihrer Vollkaskoversicherung ersetzt. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied, dass die Vollkasko-Versicherung die Leistung in Ausnahmefällen komplett verweigern kann, wenn der Unfall grob fahrlässig verursacht wurde.

Die könne bei einer absoluten Fahruntüchtigkeit der Fall sei, meint der BGH aufgrund eines Falles von Trunkenheit am Steuer. Für die komplette Verweigerung der Zahlung müssen aber immer die konkreten Umstände des einzelnen Falles geklärt werden. Denn maßstäblich für die Schadenregulierung oder die Verweigerung sei, wie schwer die Schuld des Versicherten wiege.

 

Klage eines Autofahrers nach Trunkenheitsfahrt mit Unfall

Im verhandelten Fall, war ein Mann nach einem Rockkonzert mit seinem Wagen auf dem Heimweg. Er lenkte das Fahrzeug gegen einen Laternenpfahl, wodurch der Wagen beschädigt wurde. Der 25-Jährige hatte bei der Aachen Münchener Versicherung eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen und wollte nun die über 6000 Euro Reparaturkosten, die am Fahrzeug entstanden waren, ersetzt haben. Die Versicherung aber verweigerte die Zahlung, da der man eine Blutalkoholkonzentration von 2,7 Promille hatte.

Daraufhin ging der Mann vor Gericht und verklagte die Versicherung auf Schadensübernahme. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden, wie die Klage jedoch ab. Die Revision des Mannes hatte dagegen Erfolg. Das OLG müsse den Fall neu verhandeln so entschied der Bundesgerichtshof.
Denn die Richter in Dresden hatten es versäumt, eine Feststellung dazu zu treffen, ob der Mann zum Zeitpunkt des Unfalls unzurechnungsfähig war.

Die Unzurechnungsfähigkeit käme aber in Betracht. Zum einen wegen der hohen Blutalkoholkonzentration des 25 Jährigen und wegen anderer Indizien. So zum Beispiel die Angaben der unfallaufnehmenden Polizisten. Sei nämlich der Versicherungsnehmer unzurechnungsfähig gewesen, als der Unfall geschah, so können die Versicherungen nicht auf das Leistungskürzungsrecht verweisen, so der BGH. Genau auf diese Schuldunfähigkeit plädierte auch der Kläger.

 

Komplette Leistungsverweigerung umstritten

Eine Neuregelung im Versicherungsvertragsgesetz (VVS) gilt seit 2008 und besagt, dass der Versicherer bei einer groben Fahrlässigkeit seine Leistung so kürzen darf, dass es im Verhältnis der Schwere des Verschuldens seitens des Versicherungsnehmers entspräche. Darüber entschied nun erstmalig der 4. Zivilsenat des BGH.

Denn bisher war es umstritten, ob eine Leistungskürzung auf Null möglich wäre oder ob der Versicherer in jedem Fall zumindest anteilig den Schaden ersetzen muss, nach der sogenannten Quotenregelung. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip, der früheren gesetzlichen Vorschrift, sah bei grober Fahrlässigkeit eben auch eine vollständige Leistungskürzung auf Null vor.

2,7 Promille Alkoholkonzentration im Blut
Gegen 7.15 Uhr war der 25-Jährige am Morgen des 13. Juni 2008 von einem Rockfestival auf dem Heimweg, als er außerhalb einer Ortschaft in einer Kurve von der Fahrbahn abkam. Er rutschte links gegen den Pfahl einer Laterne. Bei einer um 8.40 Uhr vorgenommen Blutentnahme wurde eine Blutalkoholkonzentration von 2,7 Promille festgestellt.

Der BGH-Anwalt des Mannes gab an, sein Mandant sei so betrunken gewesen, dass er, nach einem kurzen Schlaf im Auto, nicht bemerkt habe, wie er losfuhr. Selbst vom Unfallgeschehen habe er nichts bemerkt. Ein Strafverfahren hatte den Mann wegen fahrlässigen Vollrausches verurteilt. (dapd)

 

(AZ: IV ZR 225/10 - BGH-Urteil vom 22. Juni 2011)